Deutsche Welle: Den Mythos vom Weltende gibt es ja in sehr vielen Kulturen, Religionen, Gesellschaften. Sie haben darüber ausführlich geschrieben. Gibt es denn irgendetwas, was diese verschiedenen apokalyptischen Mythen verbindet, was ihnen gemeinsam ist?
Thomas Grüter: Es gibt immer die Referenz zu großen Katastrophen. Große Vulkankatastrophen beispielsweise sind in fast allen Kulturen irgendwann aufgetreten. Da haben die Menschen natürlich daran gedacht, dass eine noch größere Katastrophe dieser Art tatsächlich das Ende der Welt bedeuten könnte. Oder auch große Überschwemmungskatastrophen, wie wir sie in den letzten Jahren im Pazifik immer wieder erlebt haben. Da haben die Menschen geglaubt, wenn das Wasser immer weiter ansteigt und irgendwann alles Land überflutet, wäre das Ende der Welt erreicht. Solche Katastrophen hat es zu jeder Zeit und an allen Orten immer mal gegeben. Und dann haben die Menschen gedacht, so könnte das Ende der Welt aussehen.
Apokalypse war auch in der Kunst, der Malerei, der Literatur immer ein Thema. War das eine Möglichkeit für die Menschen, sich ihrer Ängste vor dem Untergang der Welt zu entledigen?
Die Darstellung zunächst als der religiösen und dann einer möglichen weltlichen Apokalypse - also eines Weltuntergangs im weltlichen, nicht im religiösen Sinne - war natürlich eine Möglichkeit, die Ängste einmal beim Namen zu nennen. Und es ist im christlichen Glauben so, dass das Weltende ja eigentlich mit der Erlösung gekoppelt war. Das heißt, die Guten werden belohnt, die Bösen werden bestraft. Und von da an sind Hölle und Himmel ewig. Und die Welt, wie sie jetzt existiert, ist als Jammertal aufgehoben. So dass auf der einen Seite das Weltende mit Angst verbunden war, auf der anderen Seite natürlich auch mit einem großen Versprechen.